Einer erfolgreichen Neuausrichtung von Unternehmen muss eine ganzheitliche Betrachtung des Unternehmens und die Ableitung gezielter Maßnahmen zugrunde liegen. Dabei steht insbesondere die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells auf dem Prüfstand – es gilt, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens nicht nur im Status quo, sondern auch nachhaltig zu sichern. Das Geschäftsmodell leitet sich aus den Stärken des Unternehmens und vorhandenen Potenzialen am Markt ab, die Marktstrategie beruht auf einer Kombination spezifischer Stärken im jeweiligen Markt- und Wettbewerbsumfeld.
Speziell im Zuge der Digitalisierung bietet sich die Möglichkeit zum Erwerb neuer Stärken im Rahmen der wertschöpfenden und unterstützenden Prozesse – der Leistungswirtschaft eines Unternehmens.
Diese Chancen können grundsätzlich von allen Marktteilnehmern realisiert werden. Es besteht somit immer auch ein Risiko, dass die neuen Wettbewerbsvorteile bereits kurzfristig zur Voraussetzung für eine weitere Teilnahme am relevanten Markt werden – was den Handlungsbedarf deutlich erhöht.
Das digitale Zielbild gibt eine konkrete strategische Stoßrichtung vor, die auf Innovation, Effizienz, Technologie, Wachstum oder alternativ auf eine Fokussierung abzielt. Die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie beginnt damit, digitale Herausforderungen zu erkennen, Kundenbedürfnisse (B2B und/oder B2C) zu erfragen und das Markt- und Wettbewerbsumfeld zu betrachten. Sie ist Ausgangspunkt für die Realisierung von Digitalisierungspotenzialen und Bestandteil der Gesamtstrategie.
Idealerweise wird die Strategie konzernübergreifend erarbeitet und integriert dabei verschiedene Teilstrategien, beispielsweise auf Ebene der Fach- oder Geschäftsbereiche.
Für die operative Umsetzung müssen geeignete Kennzahlensysteme und quantifizierbare Ziele definiert werden. Damit kann der Fortschritt im Rahmen des Umsetzungscontrollings – analog der Umsetzung „klassischer“ Maßnahmen – nachvollziehbar überwacht werden.
Die Potenziale: Wertschöpfung
Die Ansatzpunkte der Digitalisierung sind vielfältig, sie betreffen alle wertschöpfenden und unterstützenden Prozesse eines Unternehmens. Im Ergebnis fast aller Ansätze entstehen stärker vernetzte und schlankere Prozesse, die unmittelbar zu direkten Effizienzgewinnen führen. Nachfolgend möchten wir einzelne Ansätze innerhalb der Wertschöpfungsstufen skizzieren. Sie werden unternehmensspezifisch im Detail und in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Relevanz für das Geschäftsmodell betrachtet. Wesentliche Voraussetzung für die Realisierung ist ein möglichst umfassender, fachbereichsübergreifender Ansatz.
F&E
Automatisierte Produktrückmeldungen, unter anderem zu Nutzungshäufigkeit, Verschleiß und Wartung, werden in Zukunft immer stärker genutzt, um Prozesse zu optimieren, die Qualität zu steigern, Produkte zu individualisieren (bis Losgröße 1) und Risiken bei Produkteinführungen zu verringern.
Einkauf
Der strategische Einkauf steuert und überwacht nahezu vollständig digitalisierte operative Einkaufsprozesse. Zugleich steigt die Komplexität der Einkaufsprozesse mit zunehmender Vergrößerung der Produktportfolios, beispielsweise durch den Wandel der Maschinenbauer zu Systemlieferanten. Die immer komplexere Beschaffung gilt es gezielt über eine Automatisierung der Bestellprozesse einzugrenzen. Persönliche Kontakte zu Lieferanten und internen Kunden bleiben weiterhin von hoher Relevanz für operative Einkäufer, deren Aufgabenfeld sich zu dem eines Schnittstellenmanagers wandelt.
Produktion
Maschinenparks werden zur Effizienzsteigerung zunehmend vernetzt, bestehende Ressourcen/Kapazitäten durch (datenbasierte) Antizipation des Kundenbestellverhaltens immer besser ausgenutzt. Durch eine Optimierung der Wartungsintervalle kommt es zu immer geringeren Ausfallzeiten und ein verändertes Ramp-up führt zur Annäherung an die Losgröße 1. Im Rahmen eines Virtual Manufacturing wird eine Vielzahl virtueller Montageabläufe simuliert, beurteilt und schließlich implementiert.
Logistik
Wesentliche Chancen liegen in einer optimierten Disposition und Reaktion auf mögliche Abweichungen. Eine effizientere Disposition betrifft die Bereiche Tourenplanung und Wareneingangs-/Ausgangsprozesse. Sie erfolgt auf Basis von Datenanalysen, beispielsweise anhand von Buchungs- und Stornierungshistorien der Kunden. Sie ermöglicht damit einen optimierten Einsatz vorhandener Ressourcen beziehungsweise leistet einen Beitrag zur Senkung der operativen Kosten. Die weitreichende Vernetzung ermöglicht die frühzeitige Kommunikation und damit Reaktion auf Ausnahmen (etwa Verspätungen, Havarien). Darüber hinaus bietet sie die Möglichkeit einer flexibleren Zustellung mit dem Ziel optimierter Produktionsabläufe, Senkung des Working Capitals oder Steigerung der Kundenzufriedenheit.
Marketing, Vertrieb
Marketing und Vertrieb erschließen neue Interaktionskanäle zu ihren Kunden. Mithilfe von Data Analytics erfolgt Marktforschung immer zielgenauer, der Produktnutzen steigt, z.B.: durch Individualisierung, und die Produktportfolios werden entsprechend Nutzerverhalten und Kundenwünschen gezielt erweitert.
Aftersales, Service
Durch die Verfügbarkeit von Real-Time-Daten lässt sich der Serviceanteil weiter steigen, zum Beispiel durch Echtzeit-Fernwartungen, und gleichzeitig die Kosten weiter senken; neue Angebote erweitern die Produkt-und Dienstleistungspalette.
Die Potenziale: Hilfsprozesse
UnternehmensführungÜber sogenannte Predictive-Modelle, die auf unternehmenseigenen Big bzw. Smart Data beruhen, lassen sichgezielte Prognosen als Entscheidungsgrundlage erstellen. Entscheidungsprozesse können belastbarer, schneller und flexibler gestaltet werden. Zudem ermöglichen die Modelle eine gezielte Entwicklung effektiver Frühwarnsysteme.read more
Finanzbuchhaltung/ControllingIn Echtzeit verfügbare Key Performance Indicators (KPIs) liefern hohe Transparenz und ermöglichen Interaktivität mitden Geschäftsbereichen. Das steigert die Aussagekraft von Abweichungsanalysen und die Qualität der Zielwerte als Steuerungsinformation für Entscheidungsträger.read more
Verwaltung/AdministrationÜber Smart Data Analysen lassen sich beispielsweise Ad-hoc-Auswertungen im Verwaltungsbereich weitgehendsystemseitig – und damit kostengünstig – vornehmen.read more
HRDer Aufbau relevanten Know-hows stellt eine der größten Herausforderungen im Rahmen der Digitalisierung dar. Er kann in begrenztem Rahmen durch interne Schulungen erfolgen, wesentlich ist in den meisten Fällen die Gewinnung spezialisierter neuer Mitarbeiter. Hierbei handelt es sich in der Regel um Spezialisten, die aktuellnicht in ausreichender Zahl am Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Gelingt es, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens über eine nachvollziehbare Digitalisierungsstrategie zu untermauern, hat das positive Auswirkungen auf den Recruitingprozess. Die Positionierung als zukunftsfähiges Unternehmen trägt maßgeblich zur Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität und Motivation der Belegschaft bei. Eine gezielte Schulung der Fachbereiche in den Digitalisierungsfeldern sowie die Gewinnung spezialisierter neuer Mitarbeiter ist eine wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie. Ein hoher Stellenwert sollte auch der Mitarbeiterkommunikation zukommen, um über die Chancen der Digitalisierung zu informieren, mögliche Bedenken aufzugreifen, Barrieren zu überwinden sowie Akzeptanz und Commitment für die Neuerungen zu schaffen.read more
ITIndustrie 4.0 zielt auf eine weitgehende Verzahnung der Wertschöpfung und ihrer Hilfsprozesse mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik. Die IT bildet die Grundlage der weitreichenden Vernetzung innerhalb des Unternehmens sowie zunehmend der umfassenden Datenanalyse von Big undSmart Data. Sie erfolgt teilweise direkt durch die Fachbereiche und ist zugleich Schnittstelle und Ideengeber für die übrigen Fachbereiche. Aufgrund ihrer zunehmenden Relevanz und Aufgaben sind bestehende Ressourcen regelmäßig einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Dabei sollten insbesondere auch die Themen IT-Sicherheit/Datenschutz, Datenhaltung und -analyse sowie Schnittstellen und Integrationsgrade berücksichtigt werden. Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung und Transformation der IT-Organisation wird sich die Rolle der IT zunehmend vom Hilfsprozess zu einem aktiven Generator von Differenzierungsmerkmalen gegenüber dem Wettbewerb wandeln.read more
Externe Faktoren
Mit den steigenden Erwartungen von Kunden und den wachsenden Angeboten von Dienstleistern hinsichtlich einer durchgehenden Kommunikation und Vernetzung verändern sich grundlegende Abläufe innerhalb der unternehmerischen Prozesse.
Sie werden komplexer (Aufgaben und Strukturen), offener (für Partizipation) und transparenter (für einen Informationsaustausch).
Kunden
Der Trend zu Kleinserien, der ein wesentliches Element der Digitalisierung darstellt, ermöglicht eine individuelle Bedienung von Kundenbedürfnissen – Ziel ist die individualisierte Produktion bis hin zur Losgröße 1. Vorteile liegen in einer höheren Zahlungsbereitschaft der Kunden und Errichtung von Wechselbarrieren
Lieferanten
Die (ERP-gestützten) Systeme werden erweitert und auch zur elektronischen Beschaffung eingesetzt. Angestoßen wird diese Entwicklung durch die zunehmende Digitalisierung von Bestell- und Purchase-to-Pay-Prozessen sowie die Einführung weitreichender elektronischer Plattformen
Unternehmen
Marktumfeld
Die Etablierung eines datengetriebenen Frühwarnsystems, das auf wesentlichen Marktindikatoren beruht, dient der Erstellung von Echtzeit-Prognosen und Entscheidungsgrundlagen für eine frühzeitige Reaktion – beispielsweise auf Initiativen der Wettbewerber oder regulatorische Änderungen
Kooperationspartner
Die Nutzung von (branchenfremden) Kooperationspartnern zur Erschließung neuer Absatzmärkte bzw. zur Einrichtung von interdisziplinären Forschungskooperationen gewinnt an Relevanz